I

Michelangelo
Atlassklave



Bergauf

...oder er hatte den Stein tatsächlich, wie es Pflicht vorschrieb, sich aufgeladen. Dann schien es, daß dieser für ihn dachte, so sehr hatte er seinen Kopf verdrängt.
Breit lag der Brocken über beiden Schultern, hatte Kopf und Arm durch seine Last und Größe verschlungen, und es hing ihm zum Rücken hinunter seine Felswand wie ein Mantel, der ihn bedeckte und verband sich, über den Boden schleifend, mit der Erde, von der er aufgehoben war, und versteinte sofort jeden seiner Schritte. Und er, nachdem er gerade dies als Ruhepause genutzt hatte, brach immer erneut einen Schritt nach dem andern aus dem Stein, in welchem er ging, durch sein Gehen heraus.
Es schien, als liefe dort ein Stein den Berg hinauf, dem zu diesem Zweck des Hinaufgelangens, aus Mangel anderer Möglichkeiten, ein Körper und Beine in den Berg gewachsen wären. Es ging der Stein wie eine Ader durch seinesgleichen. Und wäre andersherum, er unter Menschen gewesen, er hätte seine malmende Spur zwischen ihnen gezogen, als ein durch sie aus dem Gefüge der Menschheit ausbrechender Koloß.



Thomas Körner: Betrachtungen © Acta litterarum 2011